Kulturgüter und Landschaften im Baltikum

1.-4. Tag: LITAUEN – Anreise; Vilnius, Oberlitauen, Dzukija und Sudauen

5.-7. Tag: Niederlitauen – Palanga, Klaipeda – Kurische Nehrung und Ostsee

8.-10. Tag: LETTLAND – Kurland, Riga und südliches Livland

11.-14. Tag: ESTLAND – nördliches Livland, Peipusland/-see und Tallinn; Rückreise

 

Für Details und weitere Informationen klicken Sie bitte auf untenstehende Reiseabschnitte:

(Übernachtungen: 3 x in Vilnius, 1 x in Kaunas)

1.-2. Tag: Anreise; Vilnius - die Hauptstadt Litauens

Flug Stuttgart-Warschau-Vilnius am Vormittag, Ankunft voraussichtlich gegen 16-17 Uhr; erste Eindrücke von Vilnius. Am 2. Tag widmen wir uns dann voll und ganz der stolzen Hauptstadt Litauens. Die ganztägige Stadtbesichtigung führt durch die weitläufige Altstadt, zur prächtigen klassizistischen Kathedrale und zu den interessantesten Kirchen der Stadt. Unser Weg schließt natürlich die Gediminas-Burg (1323), die Universität (gegr. 1579), den Präsidentenpalast, das Rathaus (barock mit klass. Fassade von 1799) sowie das Tor der Morgenröte und vieles mehr mit ein, so u.a. auch die Bastei und das ehemalige jüdische Viertel.

Vilnius (540.000 Einwohner): Das Gebiet von Vilnius wurde schon vor 4500 Jahren durch baltische Stämme besiedelt, vor 2500 Jahren gab es hier ein erstes Handelszentrum. Anfang des 14. Jh. verlegte der damalige Großfürst Gediminas die Hauptstadtfunktion von Trakai an den Zusammenfluss von Vilna und Neris (offizielle Stadtgründung: 25.1.1323). Während der polnisch-litauischen Doppelmonarchie (seit 1386) reichte Litauen bis ans Schwarze Meer und konnte 1410 auch dem Deutschen Orden eine vernichtende Niederlage zufügen. Nachdem der Herrscher 1387 zum Christentum übergetreten war, entwickelte sich Vilnius zu einer multikulturellen Stadt und Litauen zur damals liberalsten europäischen Großmacht. Im Laufe der Zeit nahm der Einfluss des polnischen Adels in der Politik stetig zu, Vilnius verlor zunehmend Sonderrechte und an wirtschaftlicher Bedeutung, bis es 1655 von russischen Truppen erobert und geplündert wurde. Im Gedenken an die Befreiung der Stadt durch Polen wurde die Peter-und-Paul-Kirche, ein Prunkstück des Barock mit über 2000 Stuckfiguren italienischer Meister, gestiftet. Im 18. Jh. wurde Vilnius zum Spielball der damaligen Großmächte Schweden, Russland und Sachsen, bis dass das Doppelreich nach der 3. Teilung Polens 1795 ganz von der Landkarte verschwand und Vilnius 120 Jahre lang Hauptstadt eines russischen Gouvernements wurde. 1831 kam es, nicht zuletzt durch Strömungen an der Universität von Vilnius, zum Aufstand, nach dessen Niederschlagung zur massiven Russifizierung, die den nationalen Widerstand nur bestärkten. Am 16.2.1918, von Deutschland unterstützt, erklärte sich Litauen zu einem unabhängigen Staat. Weihnachten desselben Jahres wurde Vilnius erneut durch Russland besetzt, 1919 durch polnische Truppen. 1922 wird Litauen als unabhängiger Staat mit der Hauptstadt Kaunas anerkannt, Vilnius wird polnisch. 1944 annektiert Russland erneut das Land … bis Litauen 1991 wieder ein eigenständiger Staat wurde, der seit 2004 Mitglied der EU ist.

3. Tag: Trakai, die ehemalige Hauptstadt Litauens, und der Wasserpark von Uzutrakis

Fahrt zum Schloss Uzutrakis mit seinem 80 ha großen Wasserpark aus dem frühen 20. Jh.; anschließend Besuch von Trakai, der ersten Hauptstadt Litauens mit seiner Insel-Burg im Galve-See und der alten Karäersiedlung mit ihren urtümlichen Holzhäusern und Fahrt zum Schloss Lentvaris (neugotischer Palast der Grafen Tyszkiewicz im Tudorstil des 19. Jh., der später zu einer Nagelfabrik umgebaut wurde). Bei genügend Zeit können wir auf der Rückfahrt nach Vilnius einen kleinen Umweg über Purnuškės einlegen, wo der geographische Mittelpunkt Europas liegen soll. Rückfahrt und Übernachtung in Vilnius.

Trakai: litauische Hauptstadt bis 1323, als das Land noch von der mächtigen Inselburg inmitten der beeindruckend schönen Seenlandschaft aus regiert wurde. Auf dem Festland gegenüber der Burg liegt die alte Siedlung der Karäer, einer Glaubensgemeinschaft der Juden, die nur das Alte Testament und nicht die Lehren der Rabbiner anerkennen. Weil sie sich vom Judentum an sich distanzieren, waren sie nicht vom Holocaust betroffen. Der Ort Trakai ist heute eine typische litauische Kleinstadt, die sich gut auf den Tourismus eingestellt hat, und einige Sehenswürdigkeiten zu bieten hat und inmitten des Naturparks Aukštadvaris in der Region Dzukija liegt.

Mittelpunkt Europas: Mehrere Ortschaften betrachten sich als Mittelpunkt Europas, da es verschiedene Verfahren zur Berechnung gibt. Weil zudem die Grenzen zwischen Europa und Asien nicht eindeutig festgelegt sind, kommt es immer wieder zu neuen Kuriositäten, die eher von touristischer denn von wissenschaftlicher Relevanz sind. 1775 wurde erstmals Suchowola in Polen als Mittelpunkt Europas berechnet. Österreichische Geographen wollen den Tillenberg (Dyleň) bei Eger (Cheb) in Böhmen als solchen berechnet haben. Das Geographische Institut der Uni München will den besagten Punkt in der Oberpfalz wissen, wo sonst, wenn nicht in Bayern. Schon 1887 wurde bei Rachiw in der Ukraine ein 2 Meter hohes Denkmal auf einem mutmaßlichen Mittelpunkt errichtet, das bis heute vorhanden ist. Die aktuellste Berechnung kommt vom Nationalen Geographischen Institut Frankreichs, das den Mittelpunkt Europas bei Vilnius angesiedelt hat.

4. Tag: Rumsiskes und Kaunas

Am Vormittag liefert das Litauische Freilandmuseum von Rumsiskes am Stausee von Kaunas weit reichende Einblicke in die Geschichte der Deportation von Litauern nach Sibirien und in die Kultur von einst: Bauernhäuser und Handwerkerstätten (zu den140 Bauten zählen Baudenkmäler aus allen litauischen Regionen); anschließend Besuch des Pazaislis-Klosters bei Kaunas (Visite nicht immer möglich) und Gang durch die Altstadt von Kaunas bis zur Burg aus dem 13. Jh.

Kaunas (350.000 Einwohner): obwohl ab 1501 Magdeburger Stadtrecht herrschte und die Stadt zur Hanse gehörte, war Kaunas bis 1920 kaum von Bedeutung. Erst mit der Funktion als provisorische Hauptstadt stieg die Bevölkerung binnen weniger Jahre auf über 150.000 Einwohner. Die Ansiedlung der Industrie durch die Sowjetunion löste nach dem 2. Weltkrieg einen wahren Bauboom aus. An historischen Gebäuden sind das Rathaus von 1542 (1780 im Stil einer barocken Kirche umgestaltet), einige gotische Häuser (darunter das Perkunas-Haus) und v.a. die Burg aus dem 13. Jh., die im 15. Jh. vom Deutschen Orden erweitert und seit einigen Jahren nach und nach wieder aufgebaut wird.

(Übernachtungen: 2 x in Klaipeda, 1 x bei Šiauliai)

5. Tag: Palanga und Klaipeda an der Ostseeküste

Nach 220 km auf der Autobahn und einem kurzen Stück Landstraße erreichen wir gegen Mittag Palanga (Park und Schloss Tiškevièiaus mit dem Bernsteinmuseum, Promenade und Seebrücke); nach kurzer Fahrt nehmen wir danach Quartier in Klaipeda, dem kulturellen Zentrum Niederlitauens. Von der alten Stadt wurden nach dem Zweiten Weltkrieg zwar die meisten zerstörten Bauten abgerissen, in der Altstadt blieben aber dennoch zahlreiche, gut restaurierte Fachwerkhäuser aus dem 17.-19. Jahrhundert erhalten (gemeinsamer Stadtrundgang, was jedoch nicht davon abhalten soll, am Abend die Stadt auf gemütlichem Spaziergang selbst weiter zu erkunden).

Palanga: die Übersetzung des Namens - beim Sumpfloch - lässt zunächst wenig Aufschluss über das heutige Ostseebad und Zentrum des litauischen Fremdenverkehrs zu. 1253 kam die Stadt zum Deutschen Orden, 1435 zu Litauen, dessen einziger Ostseehafen sie über Jahrhunderte darstellte. Die heute ca. 18.000 Einwohner zählende Stadt wartet mit einer langen Strandpromenade und Seebrücke sowie dem 1963 gegründetem Bernsteinmuseum im ehemaligen Palais (1897, neoklassiszistisch) des Grafen Tyszkiewicz auf den Besucher.

Klaipeda (200.000 Einwohner) ist heute die drittgrößte Stadt und der einzige bedeutende Ostseehafen Litauens. Von 1252 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs gehörte die Stadt, unter dem Namen Memel, zu Ostpreußen. Jahrhunderte lang lebten hier ebenso viele Deutsche wie Litauer. Das Wahrzeichen der Stadt ist musikalischer Natur: das Volkslied „Ännchen von Tharau“ wurde von Simon Dach hier komponiert. Beeindruckend ist vor allem die Ostsee, zu der von der Altstadt ein langer, und im Sommer recht belebter Stadtkanal mit schöner Promenade führt. Vom Hafen aus erreichen wir (am nächsten Tag) mit der Fähre das östliche Ende der Kurischen Nehrung. In Klaipeda befinden sich ein recht großes Meeresmuseum mit seinen Aquarien und ein angegliedertes Freilichtmuseum, in dem traditionelles Handwerk gezeigt wird.

6. Tag: Kurische Nehrung

Nach dem Frühstück nehmen wir die Fähre zur Kurischen Nehrung - wir besprechen die Bildung von Haff und Nehrung, wandern über die großen Dünen bei Nida, besuchen Thomas Mann in seinem Landhaus, unternehmen eine Bootsfahrt auf dem Kurischen Haff bis zur Grenze nach Russland (russische Enklave Kaliningrad) und genießen – falls noch Zeit bleibt- die Strände der Ostsee.

Kurische Nehrung: die 98 km lange Nehrung (UNESCO-Welterbe seit dem Jahr 2000) ist heute durch die russisch-litauische Grenze politisch geteilt. Das durch die Nehrung von der Ostsee abgeschnittene Haff ist geologisch auf eine Absenkung des kristallinen Fundaments entstanden. Die einstige Bucht wurde erst nach der letzten Eiszeit durch die wachsende Nehrung abgeschnitten (Sandtransport), bis dass heute nur noch die 300 m breite Verbindung zwischen dem abgeschnittenen Haff und der Ostsee bei Klaipeda existiert. Bei zunehmender Ablagerung von Sedimenten wird das Haff in absehbarer Zeit (jedenfalls in geologischen Zeit-Dimensionen) zu einer Küstenebene umgestaltet werden. Die Oberflächenformen der Nehrung werden von 20-30 m hohen (bewaldeten) und bis 70 m hohen (unbewaldeten) Dünen geprägt. Entlang der Strandlinie wird eine enorme Sedimentfracht mit der Meeresströmung und dem Wind transportiert (bei Klaipeda rund 500.000 m³ pro Jahr).

Nida: Neben einigen traditionellen Fischerhäusern ziehen vor allem die Dünen, die das Dorf Nida (ehemals auf deutsch Nidden) im Westen umringen, den Besucher hierhin. Im schon vor 1385 gegründeten Nida steht auf dem Schwiegermutterberg das Thomas-Mann-Haus, der hier in den Jahren 1929-1932 Erholung suchte. Dem Schriftsteller (1875-1955) und Nobelpreisträger (1929), der 1933 in die Schweiz emigrierte, verdanken wir Meisterwerke wie Buddenbrooks, Der Tod in Venedig, und Doktor Faustus.

7. Tag: Niederlitauen bis zum Berg der Kreuze

Nach dem Frühstück stehen, auf dem Weg nach Šiauliai, ein Besuch des Orginski-Schlosses Gandinga (nur von außen möglich) und der Dom nebst Bischof-Schloss in Telšiai auf dem Programm. Den berühmten Berg der Kreuze bei Šiauliai heben wir uns für den Nachmittag auf. Alternativ längere Besichtigung von Šiauliai, falls das Organski-Schloss nicht geöffnet haben sollte. Übernachtung in Šiauliai oder Panevezys.

Telšiai: das Stadtbild der 30.000 Einwohner zählenden Stadt wird von der Backsteinarchitektur des frühen 20. Jh. geprägt. Das Zentrum wird von dem auf einem Hügel liegenden Dom überragt, der im 18. Jh. im spätbarocken Stil errichtet wurde. Das Priesterseminar daneben (1740 gegr.) und der 1929 entstandene Bischofspalast zählen mit zu den bedeutendsten Einrichtungen ihrer Art in Litauen.

Šiauliai: die 1236 gegründete Stadt (heute ca. 128.000 Einw.) im Norden Litauens hat, trotz der Zerstörungen v.a. im 1. Weltkrieg (1915), einiges zu bieten. So z.B. die im 17. Jh. als bedeutendes Beispiel der Renaissance und des Manierismus gegründeten Kirche St. Peter und Paul, die 1997 zur Kathedrale erhoben wurde. Vor allem aber ist es der Berg der Kreuze (12 km nördlich der Stadt), der jedes Jahr zahlreiche Besucher anzieht. Den Wallfahrtsort besuchen die Gläubigen individuell, um ein Kreuz auf dem rund 10 m hohen Hügel aufzustellen. Der Überlieferung nach sollen Gläubige nach der Dritten Polnischen Teilung und den niedergeschlagenen Aufständen der Polen und Litauer gegen die russische Obrigkeit damit begonnen haben, hier Kreuze aufzustellen. 1900 waren es bereits 150 und 1940 etwa 400 Kreuze. Nach der Deportation von Litauern nach Sibirien wurden die Kreuze zunehmend Symbol gegen die Sowjetunion. 1961 wurden die damals 2179 Kreuze mit Bulldozern niedergewalzt und verbrannt. Erneut aufgestellte Kreuze wurden 1973, 1974 und 1975 von den Machthabern zerstört. 1990 sollen es bereits mehr als 40.000 Kreuze gewesen sein. 1991, mit dem Kampf um die nationale Unabhängigkeit Litauens, nahm die Zahl der Kreuze weiterhin zu, die heute eine Fläche von über einem Hektar bedecken.

(Übernachtungen: 2 x in Riga, 1 x in Valmiera / Wolmar)

8. Tag: Lettland – Kurland und Riga

Heute führt unsere Route nach Lettland zum beeindruckenden Schloss Rundāle (Ruhental) zwischen Bauska und Jelgava. Im Südosten von Riga erreichen wir am Nachmittag die Gedenkstätte von Salaspils (1941-1944 Polizeigefängnis und Arbeitserziehungslager) sowie den Wald bei Rumbla und schließlich die Landeshauptstadt Riga. Erster Rundgang durch Riga, nachdem wir unser Hotel in der Innenstadt bezogen haben.

Rundale: Der Bau des Schlosses wurde ab 1735 durch die russische Zarin Anna Iwanowna veranlasst und sollte als Sommerresident des kurländischen Herzogs Ernst Johann Biron dienen. Es gehört zu den bedeutendsten Bauten des Barocks und des Rokoko in Lettland, dessen Rahmen im Schlosspark (französischer Barock) 328.185 Linden angepflanzte Linden bilden.

Salaspils und Wald bei Rumbula: mit der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Pakts 1939 war das Schicksal Lettlands und zahlloser Menschen besiegelt. Nachdem zunächst die Sowjetunion Lettland besetzte, waren es 1941 die deutschen Truppen. Bereits Ende 1941 wurden im Wald von Rumbula 25.000 Juden (vornehmlich aus dem Ghetto in Riga) erschossen. Die heutige Gedenkstätte erinnert in nachhaltiger Weise an die grausamen Geschehnisse. Im Südosten Rigas entstand zudem das Lager Salaspils, in dem mehr als 12.000 Menschen ihr Leben lassen mussten.

9. Tag: Riga – die lettische Hauptstadt

Besichtigung von Riga mit Altstadt (UNESCO-Welterbe), u.a. Schwarzhäupterhaus (1334, von den Sowjets nach dem 2. Weltkrieg gesprengt und 1999 neu errichtet), St. Petrikirche von 1209, Dom (Grundsteinlegung 1211), Speicherhäuser, Zentralmarkt, Gebäude der Kleinen und Großen Gilde aus dem Spätmittelalter, Börse (1852 im Stil der venezianischen Renaissance), Drei Brüder (älteste Wohnhäuser aus dem 15. und 17. Jh.), Schloss (1330, durch die Auseinandersetzungen zwischen Orden und Gilde zerstört, 1515 neu errichtet), Pulverturm, Schwedentor, Nationaloper (1863); Jugendstil-Viertel, russisch-orthodoxe Kathedrale (1876-1884); Stadtviertel Pardaugava mit Holzhäusern der einfacheren, meist lettischen Bevölkerung; Bootsfahrt auf dem Stadtkanal und der Daugawa.

Riga: mit rund 700.000 Einwohnern versteht sich das mondän wirkende Riga als einzige wirkliche Metropole des Baltikums. Dies drückt sich auch in den zahlreichen Cafés und Restaurants in der eng gedrängten Altstadt aus, wo sich dank fehlender Sperrstunde seit der Unabhängigkeit ein reges Nachtleben entwickelt hat. Die markante Petrikirche und der Dom zählten lange zu den höchsten Gebäuden Europas. 1201, das offizielle Gründungsjahr von Riga, erwarb Albert von Buxhoeveden das Land von lettischen Fürsten. Ab 1282 Mitglied der Hanse bestimmten die Große Gilde und der Deutsche Orden über Jahrhunderte die Geschichte der Stadt bis zum Zerfall der Ordensmacht im 16. Jahrhundert. Zeitweise schwedische Zweithauptstadt, gewann im inzwischen protestantischen Riga bis 1700 die deutschbaltische Oberschicht an politischer Macht, die sich 1710 den russischen Truppen unter Zar Peter dem Großen ergeben musste. Dennoch erlebte Riga im 18. Jh. eine erneute kulturelle Blüte unter der Herrschaft der Deutschbalten, die bis zum nationalen Erwachen und der Unabhängigkeit Lettlands nach dem 1. Weltkrieg dauerte. Nach der sowjetischen Einnahme im 2. Weltkrieg, der lettische Widerstand wurde erst 1950 vollständig gebrochen, bis zur erneuten Unabhängigkeit 1990/1991, musste Lettland erneut eine Fremdherrschaft erdulden. Der Wiederaufbau der zerfallenen Stadt ging, dank des wirtschaftlichen Aufschwungs, EU-Förderung und privaten Investitionen, recht zügig voran, sodass Riga heute in altem Glanz und modernen Elementen erstrahlt.

10. Tag: südliches Livland (Vidzeme) im Norden Lettlands, Gauja-Urstromtal

Heute beschäftigen wir uns in der einzigartigen Natur des Nationalparks, der sich im schönsten Abschnitt des Urstromtals der Gauja befindet. Nach einer Besichtigung der Burg Treyden / Turaida bei Sigulda besuchen wir bei Lielstraupe das Schloss Groß-Roop und das Landgut Ungurmuiza (Teehaus / Gelegenheit zur Mittagspause). Am Nachmittag geht es historisch weit zurück: im Archäologischen Park von Araiši erlauben Rekonstruktionen von stein-, bronze- und eisenzeitlichen Siedlungen sowie eine lettgallische Burgruine aus dem 9. Jh. Eindrücke einer langen Siedlungsgeschichte. Über Cesis erreichen wir danach auf recht kurzer Fahrt unser nächstes Quartier in Valmiera (Wolmar) - Abendessen und 1 Übernachtung.

Gauja-Urstromtal und Nationalpark: mit rund 920 km² umfasst der größte Nationalpark in Lettland (seit 1974) den Mittellauf der Gauja, der sich im gleichnamigen Urstromtal von Nordost nach Südwest erstreckt. Mit rund 900 Pflanzen-, 149 Vogel-, 40 Fisch- und 48 Säugerarten stellt er einen äußerst vielfältigen Lebensraum dar. Das breite Urstromtal entstand durch die abfließenden Schmelzwässer während der letzten Eiszeit am Rande des Skandinavischen Inlandeises.

Turaida und Sigulda: Turaida, am rechten Ufer der Gauja, wurde 1953 als Ortsteil nach Sigulda eingemeindet. 1214 wurde hier auf Anordnung des Erzbischofs Albert von Riga die Burg Fredeland auf den Ruinen einer livischen Holzburg errichtet. Sie diente als Gegengewicht zur Burg des Schwertbrüderordens am gegenüberliegenden Flussufer. 1776 brannte die Festungsanlage bis auf den Turm, von dem man eine herrliche Aussicht genießen kann, nieder. Seit 1953 wird die Festung (heute ein Museum) rekonstruiert. Sigulda (heute rund 12.000 Einw.) feierte 2007 sein 800-jähriges Bestehen. Neben der Burgruine Segewold des Schwertbrüderordens aus dem 13. Jh. lohnt ein Abstecher zum Neuen Schloss am Ufer der Gauja und/oder zum Schloss Grimulda.

Lielstraupe: die frühere Hansestadt (Stadtrecht seit 1356), mit heute rund 1.400 Einwohnern, war einst die viertgrößte Stadt Litauens. Durch Kriege und Wüstungen verlor die Stadt jedoch rasch an Bedeutung. Das prächtige Schloss wurde im romanischen Stil erbaut und 1905 im barocken Stil restauriert, während die Innenarchitektur klassizistisch ist.

Gut Ungurmuiza: das Herrenhaus von Ungurmuiza, auch bekannt als Gut Orellen, wurde 1732 durch den russischen Generalmajor Balthasar Campenhausen (geboren 1689 in Stockholm) im Barockstil erbaut. Das Anwesen ist heute Museum, in dem u.a. das Mobiliar aus der Zeit um 1900 besticht.

Araisi: Südlich und nicht weit von Cesis befindet sich der archäologische Museumspark Araiši mit wieder aufgebauten Gebäuden aus der Stein- und Bronzezeit, einer Wasserburg sowie einer Siedlung der Lettgallen aus dem 9.-11. Jahrhundert auf einer 12 ha großen Fläche am Ufer des Araiši-Sees

Cesis (deutsch Wenden): urkundlich erstmals 1224 erwähnt, im 14. Jh. der Hanse beigetreten, hat die Stadt heute rund 18.000 Einwohner. Schon 1209 begannen deutsche Kreuzritter des Schwertbruderordens mit dem Bau der Burg Wenden (heute Ruine), die bis 1561 als Wohnsitz des Meisters des Deutschen Ordens diente. 1777 ließ Graf Karl von Sievers ein neues Schloss errichten, das den Bedürfnissen eines Gutes gerecht wurde.

Valmiera (deutsch Wolmar): Der Ort liegt mit knapp 25.000 Einwohnern als heutige Bezirkshauptstadt nur 50 km von der Grenze zu Estland entfernt. Vom 14. bis 16. Jh. war Valmiera als Mitglied der Hanse eine blühende Handelsstadt. Die mächtige Burg des Livländischen Ritterordens wurde 1702 im Nordischen Krieg zerstört und ist nur als Ruine erhalten.

(Übernachtungen: 1 x in Tartu, 2 x in Tallinn / bis 1918 Reval)

11. Tag: Estland – Tartu und das Land der Altgläubigen am Peipussee

Fahrt über die Grenze in der Doppelstadt Valka (Lettland) und Valga (Estland). Bei der weiteren Fahrt geht es zunächst an Tartu, der zweitgrößten Stadt Estlands, vorbei bis zum Peipussee. Die Region westlich dieses großen Binnengewässers (7 mal größer als der Bodensee) wird von russischen Altgläubigen bewohnt, in einigen Dörfern am See bilden sie die Bevölkerungsmehrheit (Besuch des Kolka-Museums). Nach einer Gelegenheit zur Mittagspause geht es zurück nach Tartu, das als zweitgrößte Stadt Estlands 2024 Kulturhauptstadt Europas sein wird. Besichtigung von Tartu am Nachmittag (1 Übernachtung).

Valka (Lettland) und Valga (Estland): Bis 1920 bildeten beide Städte noch eine einheitliche Gesamtstadt. Als Folge des 1. Weltkrieges und der Unabhängigkeit der baltischen Staaten, entschied die britische Kommission der Entente 1920 die Stadt zu teilen, um einen bewaffneten Konflikt zwischen Lettland und Estland zu verhindern: Lediglich ein Stadtteil im Südwesten kam zu Lettland, während das Zentrum an Estland fiel. In der Sowjetunion spielte die Teilung keine Rolle und es handelte sich faktisch wieder um eine Stadt, die mit der Unabhängigkeit 1990 wieder unter zwei Staaten geteilt ist. Da beide Länder inzwischen zum Schengen-Raum gehören, spielt die Grenze heute keine Rolle mehr.

Peipussee: 3.555 km², dreigeteilt in den nördlichen Großen See, den mittleren Warmen See und den südlichen Pleskauer See, stellt er die Grenze zu Russland dar. Am Westufer des Sees lebt die regional bedeutsame Minderheit der Altgläubigen. Im 17. Jh. als Religionsflüchtlinge aus dem russischen Zarenreich stammend, pflegen sie bis heute ihre religiösen und kulturellen Bräuche. In einigen Orten entlang des Sees bilden sie die russischsprachige Mehrheit in den als Zwiebeldörfern bezeichneten Ortschaften wie Varnja, Kasepää und Kolkja.

Altgläubige: Bezeichnung für Glaubensgemeinschaften, die sich seit 1667 nicht mehr zur russisch-orthodoxen Kirche zählen. Sie wandten sich gegen liturgische Reformen des Patriarchen Nikon und des Zaren Alexei I, die Texte und Riten der Gottesdienste nach zeitgenössischem griechisch-orthodoxen Vorbild reformierten.

Tartu: (deutsch: Dorpat; 98.312 Einw.) ehemals livländische Hansestadt mit der ältesten und heute größten Universität Estlands. Mittelalterliche Altstadt mit Domberg und der Ruine des mittelalterlichen Doms (13. Jh.) in der Oberstadt, der Johanniskirche (14. Jh.) mit über 1000 bis heute erhaltenen und in der europäischen Kunstgeschichte einmaligen Terrakotta-Figuren in der Unterstadt und dem Rathaus von 1775-1786 (als drittes Rathaus an der gleichen Stelle errichtet) sowie zahlreichen historischen Gebäuden am Rathausplatz.

12. Tag: Jägala-Wasserfall – Tallinn

Nach dem Frühstück Fahrt an die Nordküste Estlands zum beeindruckenden Jägala-Wasserfall vor den Toren Tallinns und Abstecher zum Wasserkraftwerk Linnamäe sowie zur Jägala-Hängebrücke. Nach einer Mittagspause und Hotelbezug am Nachmittag Rundgang durch die Altstadt von Tallinn (Domberg – Oberstadt) mit der lutheranischen Domkirche (16. Jh.) und der orthodoxen Alexander-Newski-Kathedrale (19. Jh.). Hotelbezug. Gemeinsames Abendessen in einem typischen Altstadtlokal.

Jägala-Wasserfall: Der größte natürliche Wasserfall in Estland befindet sich am Unterlauf des gleichnamigen Flusses knapp 3 km vor seiner Mündung in die Ostsee. Während seine Höhe lediglich rund 8 m beträgt beeindruckt er durch seine Breite von über 50 m. Seine Kante (Kalkstein) wird jährlich rund 3 cm zurückverlagert (rückschreitende Erosion). Unterhalb des Wasserfalls befinden sich das Wasserkraftwerk Linnamäe, das 1922-1924 erbaut, 1941 durch sowjetische Streitkräfte gesprengt und 2002 wieder hergestellt wurde (Besichtigung nur von außen möglich) und eine Hängebrücke über den Fluss.

Tallinn: Hauptstadt Estlands mit rd. 240.000 Einwohnern. Bis 1918 hieß die Stadt amtlich Reval, obgleich sie im Estnischen bereits seit dem 13. Jh. Tallinn genannt wurde und auf das 11. Jh. zurückgeht. 1219 durch Dänemark besetzt, Mitglied der Hanse seit dem 13. Jh., Eroberung durch das Fürstentum Moskau 1478, Teil des Deutschen Ordenstaates Anfang 15. Jh. und erneute Eroberung durch Moskau 1558, schwedische Herrschaft 1561-1710, als Folge des Großen Nordischen Krieges fiel Estland 1710 an Russland (Zar Peter I), 1918-1940 Hauptstadt der ersten Republik Estland, Eroberung durch die Sowjetunion und deutsche Besatzung, 1944-1991 Teil der Sowjetunion, ab dem 20. August 1991 Hauptstadt der zweiten Republik Estland.

Der Domberg (Oberstadt) und die Unterstadt waren bis 1877 zwei autonome Städte. Auf dem 48 m hohen Domberg befindet sich bis heute das Zentrum der Staatsgewalt, während in der Unterstadt v.a. die Handwerker und Kaufleute lebten. Das Zentrum der Unterstadt bildet das gotische Rathaus am Rathausplatz, der schon 1322 erstmals erwähnt wurde. Im Mittelalter war Tallinn eine der am besten befestigten Städte an der Ostsee. Die Stadtmauer mit ihren Befestigungsanlagen zählt heute mit zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. In der Oberstadt (Domberg) ziehen v.a. die dänische Burg (13. Jh.), der Dom (1229, Umbau Anfang 14. Jh., 1684 durch das Große Feuer stark beschädigt, 1778 Bau des barocken Kirchturms) und die Alexander-Newski-Kathedrale (1894-1900) Besucher an. Im Stadtteil Kadriorg dominiert das Schloss Katharinental, welches Zar Peter I 1718 als Sommerresidenz für seine Frau Katharina in Auftrag gab. Kadriorg besticht des Weiteren durch zahlreiche aufwändig restaurierte Holz- und Steinhäuser des 19. und 20. Jahrhunderts. Im Vorort Pirita befinden sich die Bauten der Sommer-Olympiade 1980, aus denen der heutige Jachthafen hervorging. Der Bezirk Kalamaja im Norden der Innenstadt war Standort für die Industrie und ist heute wegen der vielen historischen Holzhäuser zu einem beliebten Bezirk geworden.

13. Tag: Tallinn

Vormittags Rundgang durch die Unterstadt mit Rathausplatz, mittelalterlichen Stadtbefestigung (u.a. Kanonenturm aus dem 15. Jh. und Stadtpforte Dicke Margarete. Am Nachmittag widmen wir uns der Neustadt und den Vororten von Tallinn mit dem Schloss Katharinental (18. Jh.) in Kadriorg und dem Standort der einstigen Altindustrie in Kalanaja. Bis zum Abendessen Gelegenheit für weitere, eigene Erkundungen. Gemeinsames Abendessen in einem (anderen) typischen Altstadtlokal.

Schloss Katharinental (est. Kadriou loss): Den ab 1718-1725 im Petrine-Barock (17.-18. Jh.) erbauten Kadriorg-Palast ließ der russische Zar Peter I für seine Frau Katharina errichten. Aktuell beherbergt der Bau das Kadriorg Kunst Museum, das ausländische Kunst des 16.-20 Jahrhunderts zeigt. In der Sowjetzeit vernachlässigt, war das Gebäude bei der Unabhängigkeit Estlands 1991 eine Ruine, die bis zur Wiedereröffnung im Sommer 2000 restauriert wurde. Der Park hatte ursprünglich eine Größe von 100 ha, ist aber nicht im ganzen Umfang erhalten geblieben.

14. Tag: Rückreise nach Deutschland

Vormittags zur freien Verfügung (Hotel-Check-out bis 1100 Uhr); gegen Mittag Flughafentransfer und Flug Riga-Warschau-Stuttgart.

Änderungen vorbehalten!

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